Sonntag, 22. August. Die Paarungen der 1. Runde werden bekanntgegeben. Dem Turnierdirektor André Martin fällt ein Stein vom Herzen. Das Turnier findet nach 1997 seine Fortsetzung. Stopp! Neuansetzungen aufgrund eines Protestes. Verzögerung. Doch das ist nichts gegen die Aufregungen, die er und sein Team im Vorfeld der Großveranstaltung erleiden mußten...
Die Durchführung des 2. Chemnitzer Open war in Gefahr. Gesucht waren Partner, die zum Schachsport eine ideelle Beziehung aufbauen konnten.
Wiederum sagte die AOK Chemnitz ihre Unterstützung zu. Die Wismut GmbH stellte ihr komfortables Gebäude in Chemnitz-Siegmar zur Verfügung. Hier fanden die Teilnehmer ausgezeichnete Spielbedingungen, eine preiswerte Küche, Sporthalle, Sauna.
Buchstäblich in letzter Minute kam die helfende Hand der Stahl- und Bewehrungsbau GmbH, einem mittelständischen Unternehmen in Neukirchen/Chemnitz.
Die georgische Studenten-Streitmacht, angeführt von der hübschen Großmeisterin Maja Lomineishvili (linkes Foto) meldete sich drei Wochen vor Turnierbeginn bei André Martin. Sie würden gern in Chemnitz spielen, brauchten jedoch eine Visa-Verlängerung nach ihrer Teilnahme an der Studenten-WM in Rotterdam. Es begann eine Telefon-Odyssee mit der Ausländerbehörde in Chemnitz, dem Honorarkonsulat in Rotterdam, der deutschen Botschaft in Den Haag bis hin zum Generalkonsulat in Amsterdam, die den gestreßten Turnierdirektor wieder nach Chemnitz verwiesen. Schließlich wurden ihre Visa von den Franzosen(!) verlängert...
Während die Chemnitzer im Vergleich zum Dresdner Open im Spitzenbereich
durchaus Gleichwertiges aufzubieten hatten, mangelte es an Masse.
Insgeheim hatte man auf 120 Teilnehmer gehofft. Trotz großer
Werbeaktionen kamen nur 98 - das waren 53 weniger als in Dresden. Welche
Auswirkungen dies auf das Turnierbudget hat, kann sich jeder ausrechnen.
Letztendlich mußten auch die Preisgelder geringfügig
gekürzt werden.
Ganz besonders erfreut waren wir über die Verpflichtung von
Wolfgang Uhlmann (Foto rechts).
Von der Beliebtheit der ostdeutschen Schach-Legende zeugt sein
4. Platz, den er in der Umfrage "Sportler des Jahres 1997" in Sachsen
erreichte. Er kam mit der Empfehlung des frischen Turniersiegs im
Dresdner Open 1998!
Zigurds Lanka, sein Dresdner Mannschaftskamerad, gehört zu den weltbesten Eröffnungskennern.
Unbedingt kamen auch Lothar Vogt und Mikhail Golubev für den Turniersieg in Betracht, während ich dem Vorjahresdritten Petr Haba, Gennadi Timoshchenko und Mathias Womacka aufgrund ihrer risikolosen Spielweise den Platz ganz oben an der Sonne nicht zutraute.
Mein Geheimfavorit hieß Kaido Kulaots, der mir im Vorjahr imponierte.
Gespannt war ich auf das Abschneiden des Sensationszweiten vom Vorjahr, Karel van der Weide. Er hatte ja immerhin die Endrunde der riesig besetzten holländischen Einzelmeisterschaft erreicht!
Wie würde Lutz Espig seine unglückliche Schlußrundenniederlage beim Berliner Sommer wegstecken? Was können Eduard Meduna und Jeroen Bosch leisten? Wie wird sich Großmeisterin Maja Lomineischwili behaupten, die sich das Ziel setzte, eine GM-Norm bei den Männern zu erspielen? Wird Lokalmatador Gerd Lorenz wieder für Furore sorgen? Fragen über Fragen.
In den ersten 4 Runden gab es nur wenige Überraschungen. In der 2. Runde bezwingt Denis Wiegner den an Nr. 8 gesetzten IM Jeroen Bosch. Der titellose, aber mit ELO 2440 dotierte Braunschweiger Sven Joachim stoppt den Tatendrang der ehemaligen Junioreneuropameisterin Maja Lomineishvili.
Karel van der Weide mußte bereits drei Remisen abgeben (Daniel Kottwitz, Vera Medunova, Denis Wiegner).
Auch ansonsten tun sich die Favoriten nicht weh. Ein sensationelles Resultat , daß für die Beteiligten richtungsweisend sein sollte, steht dennoch an. Wolfgang Uhlmann verpatzt seine Riesenposition gegen Harmen Jonkman. Der an Nr. 23 gesetzte Holländer befindet sich nun im Aufwind, während beim Dresdner Altmeister in der Folge die Luft raus ist (Remisen u.a. gegen Siegfried Landgraf und Peter Müller).
Das Tempo an der Spitze bleibt weiterhin gemächlich: Vogt und Haba führen mit 5 Punkten, gefolgt von 14 Spielern mit 4,5, darunter die Lokalmatadoren Womacka und Lorenz.
Paukenschläge bringt die kampfbetonte Runde 7: Die Spitzenreiter Haba (gegen Golubev) und Vogt (gegen Meduna) verlieren mit den schwarzen Steinen. Lutz Espig wird von Jonkman an die Wand gespielt, auch die Träume von Gerd Lorenz zerschlagen sich: Niederlage gegen den Esten Kulaots. 5,5 Punkte haben nun Timoshchenko, Meduna, Golubev, Kulaots, Jonkman und van der Weide auf ihrem Konto. Unter den 5-Punktern die Deutschen Vogt, Womacka, Spieß und Joachim.
Die 8. Runde bringt eine Vorentscheidung um den ersten Platz:
Alleiniger Spitzenreiter ist nun Golubev mit 6,5. Mit 6 Punkten folgen Haba, Timoshchenko, Meduna, Jonkman, Kulaots und Alienkin.
Die letzte Runde bringt insofern unglückliche Ansetzungen, als daß die Holländer gegeneinander gepaart werden, auch eine rein georgische Ansetzung spuckt der Computer aus.
Die Spitzenbegegnungen Golubev - Timoshchenko, Haba - Kulaots und Alienkin - Meduna enden schnell im Remishafen. Doch unter den 5,5-Punktern wird gekämpft. Schließlich genügen 6 Punkte nicht, um einen Preis zu erringen.. Dabei gab es ausschließlich Weißsiege: Womacka bezwingt in einer ansehenswerten Partie Bakhtadze, Lanka siegt gegen Joachim, van Haastert schlägt seinen Landsmann van der Weide und im georgischen Duell setzt sich Sichinava über Mchedlishvili hinweg.
Bis zuletzt spannend bleibt die Partie Jonkman - Bosch. Nach Ausschöpfung der maximalen Spielzeit von sieben Stunden gibt es Beifall für FIDE-Meister Harmen Jonkman, der sich förmlich in letzter Sekunde den Rang 2 sicherte.
Die beste Wertung unter den 6,5-Punktern bescherte Gennadi Timoshchenko aus der Slowakei den 3. Platz.
Als einziger Deutscher gelangte Lokalmatador Mathias Womacka (Foto)
auf Rang 6 unter die Preisträger.
Der Spezialpreis für den besten Senior ging an GM Wolfgang Uhlmann.
WGM Maja Lomineishvili gewann den Damenpreis.
Bester Junior wurde der georgische FM Giorgi Bakhtadze (Foto unten).
Als bester Spieler im DWZ-Bereich bis 1999 wurde Matthias Thiele (SK
König Tegel) geehrt, der 5,5 Punkte erzielte. Im Bereich bis DWZ 1699
konnte Nachwuchsspieler Felix Zesch (SC Leipzig-Gohlis, 4,5 Punkte)
die Auszeichnung als Bester entgegennehmen
Gesamtsieger wurde der georgische FM Mikheil Mchedlishvili vor seinem Landsmann Giorgi Bakhtadze. Auf dem 3. Platz landete Frank Jähnisch von König Tegel. Vierter wurde sein Mannschaftskamerad Sascha Lorenz vor Alfred Pfeiffer.
Aber auch nichtschachlichen Aktivitäten konnte nachgegangen werden. So gab es regen Betrieb beim Tischtennis und Volleyball. Im Kegeln holte sich Mathias Womacka souverän den 1. Platz.
Hauptschiedsrichter Sven Kunze und sein Assistent Torsten Coder hatten eine knifflige Situation zu meistern. In der 7. Runde entstand in der Partie Sichinava - van der Weide im 57. Zug das Materialverhältnis K,T - K,T,S. Der Georgier ließ die Zeit heranlaufen und reklamierte dann Remis. Der Schiedsrichter ließ weiterspielen. Im 80. Zug überschritt Sichinava die Zeit und wurde genullt.
Die Bulletinerstellung lag erneut in den bewährten Händen von Birgit Schuster.
Die "Freie Presse" Chemnitz brachte täglich Meldungen vom sportlichen Großereignis, auch andere regionale Zeitungen wie der "blitzpunkt" widmeten der Veranstaltung Raum. Zur Eröffnung informierte der Chemnitzer Fernsehsender "Drehscheibe". Das MDR-Fernsehen sendete in der Wochenmitte einen Bericht.
Reges Interesse fand der Schachartikel-Vertrieb von Heinz Bunk.
Für die Unterstützung bedanken wir uns bei den Sponsoren
Fotos (sofern nicht anders angegeben): Franz Gärtner, Chemnitz